Kalenderoverload

Kennt ihr das? Ihr liegt nachts wach – am Fußende eurer Bettes, weil der Kopfteil von einem Kind quer liegend blockiert wird – und denkt darüber nach, was noch zu erledigen ist und welche Termine anstehen? Dass ihr den halbjährlichen Kontrolltermin für sieben Personen beim Zahnarzt vereinbaren müsst und der Augenarzttermin in zwei Wochen auf den Nachmittag fällt, was bedeutet, dass ein Kleinkind im Kindergarten bleibt und der Papa es nach der Arbeit abholen muss und damit fangen die Schwierigkeiten schon an. Kennt ihr das? Ich hab das jede Nacht. Ich zähle keine Schafe. Ich zähle Termine.

Mein Terminkalender umfasst 18 Monate, ist so dick wie mein Arsch und genauso groß. Randvoll mit Arztterminen, Schulterminen, Erinnerungen an Kindergartenfeste, Klavierunterricht, Geburtstagen, Konfirmationsunterricht… und ja, seit neuestem auch Fitnessstudio. Man gönnt sich ja sonst nichts. Trotz Planer und Küchenkalender und Whiteboard und Handyerinnerungen kommen diese verflixten Termine meist total überraschend und völlig unvorhersehbar. Klar, oder?

Da fragt mein Mann mich, ob Teenager 2, die seit geraumer Zeit herumläuft wie Ronja Räubertochter, nicht mal wieder zum Friseur gehen wolle. Will sie. Also rufe ich an und vereinbare einen Termin. Teenager 1 bekommt Wind davon und will sofort auch einen Termin haben, denn sie hat beschlossen, dass sie ohne einen Pony nicht mehr leben kann. Deshalb klappt sie seit Tagen ihre langen Haare zusammen, simuliert einen Pony vor ihrer Stirn, fotografiert sich damit, jagt die Selfies durch alle verfügbaren Snapchat-Filter und ist in Gänze in die Stirngardine verliebt, bevor auch nur ansatzweise eine Schere angesetzt wurde und ich ahne Schlimmes.

Und dann lieg ich Sonntagabend auf dem Sofa, in dem Wissen, dass ich Montagmittag Teenager 1 von der Schule abholen muss, um mit ihr zum letzten Kontrolltermin beim Kieferorthopäden zu fahren, bevor die feste Zahnspange entfernt wird, da wir am Ende der Behandlung angekommen sind (juhu!) und ich dann unter leichtem Zeitdruck stehe, die drei Kleinsten aus dem Kindergarten abzuholen. Aber hey, zeitgleich zum Arzttermin wäre ja noch das nächste Planungstreffen für das Sommerfest am Gymnasium. Geht nicht. Zähne haben Vorrang. Morgens, bevor der Stress losgeht, also nach dem Stress, dem ich mich aussetze, wenn ich drei Kleinkinder für den Kindergarten fertig mache und ihre Rucksäcke packe, fahr ich noch schnell ins Fitnessstudio, um mir bescheinigen zu lassen, dass meine Beinmuskulatur die Flexibilität von Stahlrohren hat. Ich möchte weinen. Da bin ich alt bevor ich alt bin. Na gut, am Wochenende bin ich 39 geworden. Ich darf jetzt langsam jammern und sagen, dass ich zu alt für den Scheiß bin.

Im Kalender steht für den Dienstag ein kurzfristig angesetzter Friseurtermin für Teenager 1, der in einem einzigen Desaster endet. Der Pony ist scheiße und ich muss zu Hause nachschneiden. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr Angst habt, was kaputt zu machen, ihr aber draufhauen müsst, weil es nicht anders geht? So ging es mir, als ich die Küchenschere an den Haaren meiner Tochter ansetze. Es ist auch unglaublich hilfreich, dass das Kind unentwegt sagt: “Versau es nicht, Mama! Versau es nicht!” Long story short: ich hab’s nicht versaut und das Kind ist jetzt glücklicher Ponystreichler (wirklich, alle fünf Minuten streichelt sie ihren Pony, alle! fünf! Minuten!).

Teenager 2 ist am Mittwoch beim Friseur angemeldet, ist aber auch mit ihrer Klasse zu den Waldjugendspielen unterwegs, was ich vergessen habe und nun kollidieren die beiden Termine, so dass ich jonglieren darf. Sie kann am späten Nachmittag hin, entscheidet sich vor dem ersten Schnitt dreimal um und kämmt sich schlussendlich die von der Friseurin liebevoll herausgearbeiteten Locken wieder raus, weil das doof aussieht. Okay.

Am gleichen Abend kommt sie auf die glorreiche Idee, ihre Jacke außen aufzuschneiden, weil sie nach wochenlanger Suche im Futter derselben ihren Haustürschlüssel gefunden hat und nicht ansatzweise darauf kommt, den Schlüssel durch das Loch im Inneren der Jackentasche wieder herauszuangeln. Wäre ja auch zu einfach gewesen. Schön, dann haben wir einen Termin mehr diese Woche: neue Jacke kaufen. Alexa, setz Alkohol auf die Einkaufsliste!

Als ich die Kleinen am nächsten Tag von der KiTa abhole, hat Sohnemann (2) keine Brille mehr auf. Die ist kaputt. Na huch. Er hat sie in einem seiner kleinen feinen Wutanfälle weggeworfen und sie zerbrach. Okay, nächster Termin: Augenoptiker. Die Brille entpuppt sich als irreparabel und wir müssen ein neues Gestell bestellen, das aus Frankreich geliefert wird, was ein paar Tage länger dauert. Ich glaub, ich fang an Spiritus zu saufen. Zum Glück haben wir in zwei Wochen einen Kontrolltermin beim Augenarzt, wo mir sicherlich mitgeteilt wird, dass er neue Sehstärken erhält und ich wieder zum Optiker wackeln kann. Aber vorher müssen wir pünktlich beim Kieferorthopäden sein, damit die Brackets herausgenommen werden können. Ich darf dann aber nicht vergessen, dass der vierteljährliche Termin beim Diabetologen ansteht und ich vorher noch die Bedarfsliste durchgehen muss, was wir an Insulin und medizinischem Zubehör wieder benötigen. Die U7a für die Zwillinge steht dann auch ins Haus und ein paar Impfungen fehlen noch. Das wird schön. Mit den Zwillingen zum Kinderarzt fahren, ist immer schön. Wie ein Albtraum auf LSD.

Teenager 2 geht dann noch auf Klassenfahrt, zum Schuljahresende. Und nächsten Montag haben wir zeitgleich Elternabend an der Grundschule und Schulkonferenz am Gymnasium. Ich sauf besser Lack, das ballert mehr. Oder schmeiß den Terminkalender weg. Ich verbrenn den. Und spring drauf rum. Dann lösen sich die ganzen Termine doch in Luft auf, oder? Wobei, zum Dermatologen müsste ich auch mal und der halbjährliche Kontrolltermin beim Frauenarzt steht auch noch an, ich weiß nicht mehr wann. Hab ich vergessen aufzuschreiben. Aber meinen Friseurtermin, den hab ich eingeschrieben. Da schlaf ich dann beim Haare waschen ein oder zähle Termine.

Nächste Woche ist übrigens Schließtag in der KiTa. Schulfrei ist auch. Ich lache jetzt schon Tränen, weil ich dann fünf Kinder zu Hause habe und mein Mann arbeiten geht. Das wird toll!

P.S. Fragt euch euer Mann auch manchmal, was ihr eigentlich den ganzen Tag macht?


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5 Kommentare

  1. Klar kenn ich die Frage, wobei ich dann immer fast explodiere! Doreen alles Gute übrigens nachträglich zu Deinem Geburtstag. Sehe Dich ja Montag auf der Schulkonferenz!

  2. Ich liebe deine Art zu schreiben 🙂 Und ich finde die Termine mit zwei Kindern schon stressig! Ich wünsche weiterhin starke Nerven und schicke unbekannte Grüße.

  3. Ich habe gelacht und mitgefühlt und mich plötzlich gar nicht mehr so allein gefühlt. Kennt ihr noch die Werbung wo die Mama ein Vorstellungsgespräch hat und gefragt wird was Sie bisher gemacht hat. ” Ich manage ein Familienunternehmen” war glaube ich ihre Antwort. Und genau das tuen wir !!!

    1. “Ich manage ein erfolgreiches, kleines Familienunternehmen.” – Ja, genau das ist es 😀

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