Teenager sind die schlimmeren Kinder

Wisst ihr, was niedlich ist? Teenager schon mal nicht. Daran denkt man nur leider nicht, wenn man nach sechs Stunden Wehen, Dammriss, Blut und Schweiß endlich sein erstes Kind in den Armen hält. Ein krächzendes, verschrumpeltes Häufchen Baby. Die große Liebe deines Lebens (gut, eine von noch vielen großen Lieben meines Lebens, aber das wusste ich damals ja noch nicht). Dieser eine kleine Mensch, der dich vollkommen macht, dir den Schlaf rauben wird. Ein Leben lang, wie ich jetzt weiß.

Teenager sind wunderbar! Wunderbar seltsam. Wunderbar faul. Wunderbar schlampig. Wunderbar eklig. Sie stellen dich jeden Tag vor die Entscheidung: „Lieb ich dich oder möchte ich dich im Ural aussetzen?“ Der Ural soll ja im Winter besonders schön sein. Gut, der hat keinen gefüllten Kühlschrank, kein W-LAN, keinen Wäschekorb direkt vor der Zimmertür, den man meidet wie der Teufel das Weihwasser. Es ist doch auch viel schöner, wenn sich die Dreckwäsche im Zimmer stapelt und man dann abends lautstark lamentieren kann, dass man keine Socken mehr hat, weil ja alle Socken im Zimmer liegen und nicht im Wäschekorb. Komische Sache. Noch komischer ist, dass ich keine Teelöffel mehr in der Küche finden kann. Die liegen nämlich alle bei einem der Teenager im Bett. Ja, richtig. Ich hab hier zwei davon und das macht das Ganze so unglaublich lustig. Nein. Das macht das Ganze so unglaublich nervtötend.

Jeden Abend denke ich darüber nach, hemmungslose Alkoholikerin zu werden. Oder Profi-Wrestlerin. Oder Aussteigerin, in Neuseeland. Alaska klingt auch ganz toll. Da werden nämlich keine Türen geknallt, weil man doch tatsächlich sein Geschirr selbst in die Spülmaschine einräumen sollte. Oder weil man es wagt zu fragen, wie der Schultag so lief. Das ist immer hochexplosiv. Zumindest bei einem der beiden Pubertiere. Das andere erzählt nix. Hat seine Vorteile. Führt aber auch dazu, dass man morgens um 7.00 Uhr eine taiwanesische Flagge klöppeln muss, weil das für den Geografieunterrichte heute unermesslich wichtig ist. Könnte aber auch schon letzte Woche gewesen sein, keine Ahnung. Die Einladung zum Elternabend , der vor zwei Wochen stattfand, liegt noch ganz unten im Ranzen, bei der schimmeligen Mandarine. Gleich neben der Mathearbeit vom letzten Monat, die eigentlich schon lange unterschrieben sein sollte. Aber hey! Das Leben ist zu kurz für Schulbürokratie. Lang lebe die Revolution! Wenn die den Müll aus ihrem Zimmer runterbringen, landet der bei einem der beiden IMMER in der blauen Tonne. Das kann ich dann am nächsten Tag wieder rausfischen und umsortieren. Gestern Abend sagte ich, dass ich den Müll bitte nicht wieder in der Papiertonne finden möchte. „Okay.“ Ratet mal, wo er also folgerichtig lag? Genau! In der gelben Tonne. Da gehören Essensreste, durchlöcherte Socken, zerknülltes Papier und Taschentücher ja auch hin. Manchmal bin ich dankbar dafür, dass Atmung ein Reflex ist, sonst würden die das aus purer Faulheit auch noch einstellen. Denken hält sich ja gerade in Grenzen, spart Energie. Ich brauch Schnaps.

Und überhaupt! Teenager sind die besseren Hipster. Die besseren Millenials und Generation X kann gegen 13-jährige eh einpacken. Die wissen alles besser. Die können alles schon. Aber wenn der blöde Drucker im Büro nicht macht, was er soll, schrumpfen sie binnen Sekunden zu kleinen zornigen Trollen, denen man besser aus dem Weg geht. Die brauchen auch keine Schränke, die lassen ihre frisch gewaschene Wäsche fein säuberlich getürmt auf dem Schreibtisch stehen und nehmen sich da täglich weg oder lassen runterfallen und liegen. Tritt sich fest. Spart den Teppich. Wenn ich meinen Puls hochtreiben will, weil kein Kaffee mehr im Haus ist und ich nicht so richtig wach werde, fange ich ne Diskussion mit den Teenies an, provozierendes Schulterzucken inklusive. Spart drei Tassen. Wenn ich Töpfe suche, weiß ich wo die sind. Im Bett von einem der Teenager. Bislang konnte mir noch niemand schlüssig erklären, warum die da gelagert werden. Vielleicht ist hinterm Bücherregal ja eine Kochecke versteckt, von der ich nix weiß. Oder es ist eine Kunstaktion gegen die festgefahrenen Rituale des Alltags. Vielleicht verteidigen sie sich nachts damit gegen Zombies. Vielleicht sind sie aber auch einfach nur blitzblöde. Das wäre die beste Erklärung. Und die Schlechteste. Denn – wir waren doch irgendwie genauso – nur ohne Smartphones und Tablets. Ohne W-LAN und Hotspots. Wir waren genauso schlampig und haben alles stehen und liegen lassen. Haben Blödsinn verzapft. Wir hatten andere Hotspots, Apfelkrebse, die in der Schreibtischschublade vor sich hin schimmelten und Klassenarbeiten, die wir möglichst lange im Rucksack warten ließen. Wir waren unsere Kinder. Und die Pubertät ist Gottes Rache für alles, was unsere Eltern mit uns durchlebt haben. Oder auch nicht. Ich war total umgänglich! Hab nie was Blödes gemacht, keine Widerworte gegeben und mein Zimmer immer aufgeräumt. Ich schwöre.

Es ist aber auch total spannend ihnen beim Erwachsen werden zuzusehen. Ihren beginnenden Sarkasmus zu feiern und ihnen dabei zu helfen, ihren Weg zu finden. Ihnen peinlich zu sein ist genauso so schön. Ich hab mir nicht umsonst ein Justin Bieber-T-Shirt gekauft, dass ich zum Abholen von der Schule gerne trage. Ich bin 25 Jahre älter. Ich hab 25 Jahre Vorlauf im Mist bauen und Blödsinn verzapfen. Und ich habe noch ein paare Jahre Zeit, um den Teenagern so richtig auf die Nerven zu gehen. Auge um Auge. Zahn um Zahn. Das wird ein Spaß. Das Beste aber ist, dass ich hier noch drei Kleinkinder in der Pipeline habe, die zu Teenagern werden. Was ich bei den zwei Großen an Munition nicht verschießen kann, heb ich mir für die hier nachwachsenden Rohstoffe auf.

Ihr entschuldigt mich nun aber, ich muss meine Mutter anrufen und mich für die Jahre 1992 – 1999 entschuldigen.

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8 Kommentare

    1. Schön zu Lesen, das wir alle den selben Wahnsinn durch machen.

  1. Ich freue mich darauf in ca. 6 Jahren mitreden zu können dann ist meine Grosse soweit – bis dahin geniesse ich es das sie ist wie sie ist! Meine Helene ist n kleiner Klugscheisser, meine mini zicke und das absolut liebenswerteste kleine Mädchen das ich kenne

    1. Und das wird sie auch immer bleiben <3 nur ab und an blickt dann ein großes grünes Monster durch 😉

  2. Ich suche jetzt schon nach ner Blockhütte irgendwo in sag ich nicht.
    Einmal hab ich das ganze schon durch. Beim nächsten Mal sind es direkt drei auf einmal, da wander ich lieber aus bis die mindestens 18 sind.
    Ich wünsche Dir starke Nerven!

    1. Du weißt doch, Nerven sind was für Schwächlinge xD die hab ich schon länger irgendwo im Kinderzimmer verloren.

  3. ..wenn die Pubertät meiner beiden Mädels die Rache wird, wie ich in diesem Alter war, brauche ich n Arzt der großzügig Rezepte für starke Beruhigungsmittel ausstellt..

    Supi geschrieben Doreen..

    1. Haha, da können wir beide wohl noch einiges erwarten 😀

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