Wenn ich das vergangene Jahr in meinem Lebenslauf erwähnen müsste, würde dort “Fressen und Jogginghosen kaufen” stehen. Ich habe tatsächlich so lange keine Jeans mehr angehabt, dass ich bisweilen gar nicht wusste, in welchem Schrank die liegen. Als ich dann tatsächlich mal eine Jeans anziehen musste, war das – nunja – Erstaunen groß, dass sie zu klein ist.

Da hab ich mich drei Jahre mühsam mit Low Carb und Sport auf einen gesunden BMI heruntergearbeitet und dann hab ich mich in einem Jahr wieder aus allem rausgefressen. Mir ist völlig unklar wie das passieren konnte, immerhin war es scheinbar lecker. Es ist aber auch ein Elend, dass man in einem Haus mit Kindern durchaus Süßigkeiten im Schrank hat. Daher wird der Weg zurück in meine Hosen sicher nicht im gleichen Maße angenehm. DENN ICH WEISS JA WO DER SÜSSKRAM LIEGT! Und damit ich dran bleibe, nehme ich euch einfach mit. Fangen wir an: mit Fasten!

Und was fasten wir? Kohlehydrate. Vornehmlich weißen Zucker und weißes Mehl. Alles, was Junkfood lecker und Naschkram unwiderstehlich macht. Alles was süß und glutamathaltig ist, fällt weg. Und das wird bitter. Nichts liebe ich mehr als Käsenachos, mit Käsedip. Als Nachtisch Gummibärchen, ne Tafel Milka oder ein Ben&Jerry’s. Willy Wonka hätte seine liebe Mühe, seine Schokoladenfabrik in meiner Anwesenheit vor dem kompletten Bankrott zu bewahren. Lange habe ich gekämpft, um (Fr)Essgewohnheiten abzulegen und Bewegung gut und wichtig zu finden. Lange habe ich täglich Sport gemacht, erst mit viel Fluchen und dann bin ich irgendwann als Halbmarathonläuferin durchs Ziel gelaufen und fühlte mich großartig. Doch im Laufe des Alltags ging die Begeisterung neben dem Kinder und Job jonglieren, neben der Autoimmunerkrankung meines Sohnes, den Arzt-, Schul- und Kindergartenterminen verloren. Und dann kam Corona. Dieses Arschloch. Was habe ich mir alles für den ersten Lockdown (ja, es war keiner, wissen wir inzwischen alle) vorgenommen, wieder zu mir selbst zu finden, Yoga zu machen, Laufen zu gehen und Bücher zu lesen. Ab dem zweiten Lockdown lag ich dann aber buchstäblich auf dem Sofa festgewachsen und schaufelte enthusiastisch Chips im Schichtsystem. Naja, fangen wir halt mal wieder an. Passt ja auch grad so schön, denn die christliche Fastenzeit vor Ostern läuft, also mach ich einfach mit.

Fastentag 1/40:
ICH KOMME MIT DEM FASTEN VOLL GUT KLAR!

Fastentag 2/40:
Der zweite Fastentag lief auch voll gut. Ja, doch. Wirklich. Glaub schon. Wann ist die Fastenzeit vorbei?

Fastentag 3/40:
Mein Sodbrennen ist weg.

Fastentag 4/40:
Der Verzicht auf raffinierten Zucker und Knabberzeug bringt das Dunkle in mir zum Vorschein – ich habe Sport gemacht.

Fastentag 5/40:
Tauschte gestern Torte gegen Sport, um jetzt festzustellen, dass der Sonntag kein Fastentag ist. Ich habe Torte verpasst!

Fastentag 6/40:
Das große Kind singt im Flur. Ich glaube aufgrund des Zuckermangels zu halluzinieren.

Fastentag 7/40:
Das Papier auf dem Schreibtisch sieht lecker aus.

Fastentag 8/40:
Ich kann Fahrradbremsen reparieren. Brokkoli schmeckt. Hilfe!

Fastentag 9/40:
Ich sortiere die Süßigkeiten der Kinder und weine.

Fastentag 10/40:
Da sind Chips in der Schublade! Warum sind da Chips?

Fastentag 11/40:
Ich rege mich heute einfach über alles auf und vergesse dabei nach Süßigkeiten im Haus zu suchen. Aufregen verbraucht Kalorien!

Fastentag 12/40:
Wie lange geht der Bums noch?

Fastentag 13/40:
Erdnüsse sind keine Chips. D’accord?
Ich shoppe online gesunde Aufstriche und Powerfood. Ok. Kann Fasten wahnsinnig machen? Keine Antworten! Ich fürchte, ich weiß es selbst.

Fastentag 14/40:
Wenn die Kinder genug Scheiße bauen, hast du gar keine Zeit zum Essen. Super Konzept.

Fastentag 15/40:
Ich gewöhne mich an Sport und schlechte Laune. Beim Einkaufen schreie ich das Chipsregal an. Es geht mir gut!

Fastentag 16/40:
Weil in der Küche Kuchen steht, hopse ich maulend eine Stunde lang im Wohnzimmer zu einem Cardiotraining herum. Ausgleich kann ich.

Fastentag 17/40:
Ersetze Zucker durch Hass und du brauchst keinen Kaffee mehr.

Fastentag 18/40:
Es gibt nichts Positives zu berichten. Aber die Sonne scheint.

Fastentag 19/40:
Hahahaha! Kirchlich erlaubter Cheat Day! Eventuell ist mein Gesicht voller Kuchen. Hahahaha!

Fastentag 20/40:
Ich cheate mit Magenproblemen. Uncool.

Fastentag 21/40:
Heute hatte ich gar keinen Appetit auf Zucker. Ich glaub, ich bin kaputt.

Fastentag 22/40:
Die Jacke sitzt wieder locker und die erste Hose rutscht. Vielleicht ist das doch nicht so doof.

Fastentag 23/40:
Ich esse Zwiebeln.

Fastentag 24/40:
Die Kinder feuern mich beim Cardiotraining an und vor lauter Begeisterung reißt meine Leggings am Arsch. Szenenapplaus.

Fastentag 25/40:
Alles ist Licht und Liebe. Und die Suche nach Schokolade.

Fastentag 26/40:
Ich stehe vor dem Süßigkeitenschrank und fühle nichts.

Fastentag 27/40:
Der Stepper und ich werden langsam Freunde. Und plötzlich passt meine Tommy Hilfiger-Jeans wieder!

Fastentag 28/40:
So ein schöner Ehekrach hilft beim Kalorien verbrennen. Und macht Zornesfalten. Der Tag kann weg.

Fastentag 29/40:
Ich wasche Gardinen.
Ich. Wasche. Gardinen.

Fastentag 30/40:
Ich trage eine Kleidergröße kleiner.

Fastentag 31/40:
Dönersalat ist auch Torte.

Fastentag 32/40:
Sagen wir mal so – ich wollte heute keinen Sport machen, hab’s aber ohne nicht ausgehalten.

Fastentag 33/40:
Die Kinder beobachten fassungslos, dass ich tatsächlich Hula Hoop kann. Das Ding bleibt oben! Ich schwitze wie ein Schwein. Das Leben ist wunderbar.

Fastentag 35/40:
Bin erstmal krank. Schnelltest ist negativ. Decathlon hat Sportsachen geliefert. Ich guck sie halt einfach nur an. Und putz mir die Nase.

Fastentag 36/40:
Müsste jetzt dringend Soulfood haben, Kartoffelbrei geht aber auch.

Fastentag 37/40:
Mir fällt auf, dass ich die Sonntage mitgezählt habe. Heißt ja “40 Fastentage”, es sind aber inkl. der Sonntage 46 Fastentage.
Fastentag 37/46:
Ich will Zucker!

Fastentag 38ff./46:
Keine Ahnung, der wievielte Tag das eigentlich ist, aber ich fress jetzt Osterplätzchen und bemitleide mich.

Fastentag 46/46:
In den letzten Tagen habe ich nicht bewusst gefastet, habe aber auch deutlich weniger und gesünder als in den vergangenen Monaten gegessen. In der Hinsicht war das Fasten gut und zielführend.

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2 Kommentare

  1. Du schaffst das!!! Dein Sarkasmus wird dich schon da durch bringen!!!
    Aber fang nicht an das Papier zu essen! Wäre schade, wenn dann nix mehr für deine geilen Letterings übrig bleibt!!
    Gruß
    Sabine

  2. Ich hätte ein gutes Double A 120g Papier zu bieten. Da ist der Magen wenigstens annähernd voll nach einem Blatt

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